Aulendorfs Masken sind von ihrem Bann befreit

Zuschauer erleben mystische Beschwörung am Hexeneck – Narrenzunft übernimmt Amts- und Schlüsselgewalt

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Auch die Schnörkele ruft der Maskenmeister herbei

AULENDORF – Unter gespenstischem Donnergrummeln und um loderndes Feuer tanzend sind am Mittwochabend alle fünf Aulendorfer Masken erwacht. Hunderte Menschen haben am Mittwochabend die Maskenbeschwörung der Aulendorfer Narrenzunft und den anschließenden Rathaussturm miterlebt. Bis Aschermittwoch gilt nun die Narrenfreiheit im Ort.

Dicht an dicht drängten sich die Besucher gegen 19 Uhr am Hexeneck unterhalb des angestrahlten Aulendorfer Schlosses an den rot-weißen Absperrbalken im Kreis und warteten gespannt auf Eckhexen, Tschore und Rätsch, Schnörkele und Fetzle. Bald tönten die Trommeln und Klänge der Fanfaren und die Fahnenschwinger des Fanfarenzugs marschierten ein. „Schafft den Maskenmeister mir zur Stelle“, forderte Burggraf „Rolf der Erste“.

Masken erwachen

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Eine besondere Atmosphäre herrscht bei der Maskenbeschwörung am Hexeneck

In einen schwarzen Umhang mit tief sitzende Kapuze gehüllt erschien Klaus Wekenmann sodann, um als Maskenmeister seiner Pflicht nachzukommen. Er entzündete den aufgeschichteten Holzstapel, sprach die ersten Beschwörungsformeln und rief sodann die Masken eine nach der anderen ans Feuer, allen voran die Eckhexen. „Ich ruf euch, Hexen von der Eck: Herbei, herbei“. Und die schlichen, während Raketen am Himmel ihr Licht zerstäubten, eine nach der anderen herbei. Bald drängten sich auch Tschore und Rätsch, Schnörkele und Fetzle im Rund. „Ihr Masken seid erlöst“, bestätigte der Burggraf den gebrochenen Bann und unter dem kräftigen „Brrr“ und „Hui“ der Hexen tanzten die Masken ums lodernde Feuer, bis zum Sturm aufs Rathaus gerufen wurde.

Dort forderten die Narren die Übergabe der Amtsgewalt. „Der Schultes lässt sagen, er denkt et dra“, verkündete der Büttel vom Schlossbalkon, die Bürgerwehr verwehrte den Narren traditionell vor dem Schlosstor den Zutritt. „Wir werden nicht lang bitten, sondern es wird gleich zur Tat geschritten“, konterten die Narren und stürmten das Schloss, nach – soviel Zeit muss sein – einem von der Stadtkapelle begleiteten und aus vielen Kehlen geschmetterten Aulendorfer Narrenmarsch.

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Maskenmeister Klaus Wekenmann fordert Einlass ins Schloss

Bürgermeister Matthias Burth blieb wenig Zeit sich zu verstecken und so ergab er sich rasch seinem Schicksal. Auf dem Rathausbalkon unter den Augen hunderter Zuschauer, übergab er die Amts- und Schlüsselgewalt den den Burggrafen. Zum Zeichen seiner Rücktritts setzten ihm die Narren einen Strohhut auf. Als erste Amtshandlung verkündete Burggraf „Rolf der Erste“ die Narrenfreiheit: „Von dieser Stunde an bis Aschermittwoch gilt in der Stadt Aulendorf die Narrenfreiheit. Es sind nun frei alle Narren und Närrinnen zu tollen auf den Straßen.“

In elf Punkten verlas Hofnarr Britta Wekenmann sodann die Regierungserklärung und griff dabei Aulendorfer Themen humorvoll auf. Stockdunkel sei es nachts, wenn die Straßenbeleuchtung ausgeschalten werde. „Zur Erleuchtung der Spätheimkehrer“ und um „spontanen Liebschaften“ vorzubeugen, solle die städtische LED-Beleuchtung erst um ein Uhr ausgeschaltet werden. Verwaltung, Gemeinderat und Planungsbüros drehten sich beim Thema Verkehr immerzu im Kreis, sagte der Hofnarr und verkündete die närrische Lösung: „Ein Kreisverkehr rings um Aulendorf herum.“ Nicht verlegen, um einen Vorschlag, um Benachteiligung der Geschäfte abzuwenden: Ein Tag könne links herum, den nächsten wieder rechtsherum gefahren werden, trieb es der Hofnarr auf die absurde Spitze. Gemeinderat und Verwaltung könnten dann „weiter auf der Stelle treten.“ Einen Posten der Erklärung richtet sich auch an die Volkshochschule, die mit neuen Angeboten auch Männer locken möchte. Der Hohe Rat rate den Männern ob der Strick- und Bastelangebote des „Lockvogels Munding“ eindringlich: „bleibt standhaft.“ Abschließend forderte der stellvertretende Zunftmeister Florian Angele Zuschauer und Narren auf, den Sternmarsch der Musikgruppen zu genießen und die Übernahme der Stadt gebührend zu feiern.

 

Bericht: Schwäbische Zeitung Lokalausgabe Bad Waldsee 12.02.2015
Text: Paulina Stumm
Bilder: Paulina Stumm (1); Wolfgang Heyer (2)

 

 

 

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