Masken sind vom Bann befreit

Mit dem Tanz ums Feuer und dem Rathaussturm geht es in die närrischen Tage

Es ist der Moment, den viele Freunde der Aulendorfer Fasnet herbei sehnen: der ausgelassene Tanz der frisch befreiten Aulendorfer Masken um das lodernde Feuer. Am Mittwochabend ist es soweit gewesen. Mehrere hunderte Zuschauer hatten sich am Hexeneck eingefunden, um die Maskenbeschwörung mitzuerleben. Sie gehört mit ihren Figuren genauso zum Brauchtum der Aulendorfer Narrenzunft wie der anschließende Sturm aufs Rathaus samt Übernahme der Amts- und Schlüsselgewalt und der närrischen Regierungserklärung. Unter den Klängen der Stadtkapelle und des Fanfarenzugs haben die Narren die Regentschaft übernommen und damit die Hochfasnet eingeläutet.

Der Maskenmeister ruft die Masken herbei.

Es ist gerade 19 Uhr, die Kirchenglocken mischen sich mit Trommelschlägen und den Fanfaren, da zieht der Hofstaat in der anbrechenden Nacht auf den abgesperrten Platz unterhalb des Schlosses, um den sich die Zuschauer drängen: der Burggraf Andreas I (Andreas Herkommer), in Begleitung seines Hofstaats, des Zunftmeisters und den Hohen Räten.

Extra aus Rottweil angereist

Das ist es, worauf auch ein extra für diesen Abend aus Rottweil angereistes Ehepaar gewartet hat. Die beiden haben ganz vorne am Absperrzaun in erster Reihe einen Platz ergattert. „Mein Mann kommt aus Ebersbach und hat immer von diesem Abend geschwärmt“, sagt sie, 33 Jahre sei er nicht mehr hier gewesen. Und dann beginnt das Spiel beginnt.

Die befreiten Masken tanzen um das Feuer.

Der Burggraf verlangt nach dem Maskenmeister, dieser möge die „guten alten Geister“ beschwören. Der lässt sich nicht lange bitten: „Ha, ha, ha, das mach‘ ich gern, für meinen Burggraf, meinen Herrn! Gleich nimmt der Zauber seinen Lauf – ich befehl‘, Nacht, tu dich auf!“ In schwarzem Umhang und mit spitzem Hut tritt der Maskenmeister (Michael Weißenrieder) auf und entzündet mit einer Fackel in der Mitte des Platzes ein loderndes Feuer, bevor er nach und nach die Masken zu sich ruft.

Als erstes schleichen die Eckhexen herbei, umrunden den Platz und verleihen der Szenerie eine unheimliche
Atmosphäre. Mit weiteren Beschwörungsformeln und allerlei buntem Zauber im Feuer ruft der  Maskenmeister auch Tschore und Rätsch, Schnörkele und die Fetzle herbei. Ein Jahr ist seit ihrer Verbannung vergangen, nun löst der Maskenmeister den Bann und Freude bricht sich Bahn; unter die Klänge des Aulendorfer Narrenmarschs mischen sich die schellenden Glocken der Schnörkele, die zusammen mit den anderen Masken im Rund ums Feuer tanzen.

Dem Rottweiler Ehepaar gefällt es sehr – und auch die Eckhexe, die sich mit ihr einen kurzen Schabernack erlaubt, kann am Gesamteindruck nichts ändern. „Es gibt nichts vergleichbares“, sagt er. Doch bei der Befreiung des Masken alleine bleibt es nicht, sie wollen mehr, streben danach, „die Macht des Regierens“ zu erlangen.

Der Hofnarr verliest die närrische Regierungserklärung.

In Begleitung der frisch befreiten Masken ziehen Burggraf und Gefolge sodann zum Sturm aufs Rathaus. Ganz so einfach ist die Macht allerdings nicht zu haben. Die lauernden Hexen werden von der Schlossgarde vor dem Schlossportal in Schach gehalten, Bürgermeister (Matthias Burth) und Gemeinderat weigern sich, die Macht abzugeben. Alles Verhandeln endet schließlich in der närrischen Eroberung des Rathauses, Maskenmeister und Eckhexen stürmen den Marmorsaal, das Stadtoberhaupt muss sich geschlagen geben. Vom Schlossbalkon aus verkündet er dem vor dem Schloss zuschauenden Volk seinen Rücktritt, übergibt dem Burggrafen den symbolischen Schlüssel zur Stadt und lässt sich den Strohhut aufsetzen.

„Von dieser Stund’ an bis Aschermittwoch gilt die Narrenfreiheit in Aulendorf“, lässt der Zeremonienmeister (Jürgen Müller) verlauten. Was genau das bedeutet – und wo die Grenzen verlaufen, verließt er in der Proklamation vom Balkon herab gleich mit. Der Zunftmeister und seine Räte gestalten die Tage, wachen aber auch darüber, „dass nichts Unehrenhaftes und Schlechtes, Anstößiges und Sittenwidriges geschehen wird.“ Es folgt die erste Amtshandlung, das Verlesen der närrischen Regierungserklärung.

 

Bericht: Schwäbische Zeitung Lokalausgabe Bad Waldsee 28.02.2019
Text und Fotos: Paulina Stumm

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