Regeln vom Kopftuch bis zur Schuhfarbe

Andreas Herkommer (links) wirft einen prüfenden Blick auf die Maske der Eckhexe. Pamela und Jan Vetter haben ihre Häser gebraucht erstanden. Trotzdem sitzt das Kopftuch falsch. Jetzt ist Abnahme in Gefahr.

Andreas Herkommer (links) wirft einen prüfenden Blick auf die Maske der Eckhexe. Pamela und Jan Vetter haben ihre Häser gebraucht erstanden. Trotzdem sitzt das Kopftuch falsch. Jetzt ist Abnahme in Gefahr.

Die Narrenzunft Aulendorf nimmt Neumasken genau unter die Lupe

AULENDORF – Bald wird wieder gesprungen auf Aulendorfs Straßen und andernorts. Wie Tschore und Rätsch, Eckhexen, Schnörkele und Fetzle dabei ussehen, ist streng reglementiert, von der Schürzenlänge bis zur Schuhfarbe. Maskenwart Andreas Herkommer und sein Team haben bei der Abnahme der Neumasken im Zunftheim genau hingesehen.

Alte Häser sind begehrt

Die Glocken der Schnörkele klingen lautstark durch den Saal, Stimmengewirr liegt in der Luft, an drei Stellen im Raum sind Abnahmestellen für die verschiedenen Häser, die traditionellen Narrenkostüme, eingerichtet. Maske für Maske wird dort unter die Lupe genommen. Jeder Narr, der ein Häs selber genäht oder gekauft hat, egal ob neu oder gebraucht, und der damit auf den Umzügen mitspringen will, muss es abnehmen und auf sich anmelden lassen. Pamela und Jan Vetter sind vor eineinhalb Jahren nach Aulendorf gezogen. Jetzt wollen sie Eckhexen werden. Sie hätten lange nach alten Häsern gesucht, sagen sie, bis sich jemand auf ihre Anzeige gemeldet habe. Ihr Häs, das würden viele Narren eben nicht gerne hergeben, auch wenn sie selbst nicht mehr damit springen würden.

1982, so gibt es der Bändel an Pamela Vetters Maske an, war diese erstmals auf einem Umzug dabei. Jetzt stehen die beiden vor Herkommer und seinem Team. Und die finden schnell den losen Gummizug an einem Bein der langen weißen Unterhose, bemängeln die ausgeblichene grüne Farbe an der dazu noch zu kurzen Schürze. Alles Kleinigkeiten, die schnell behoben sind und der Abnahme nicht im Weg stehen. Dann allerdings nimmt sich das Prüfteam Pamela Vetters Maske vor, plötzlich zupfen viele Hände an dem Kopftuch und die Stirn des Maskenwarts legt sich in Falten.

„Wir wollen ein einheitliches Erscheinungsbild unserer Hästräger“, erklärt Zunftmeister Rolf Reitzel zur Abnahmeprozedur. Ein ordentlicher und achtsamer Umgang mit dem Narrengewand ist eben Pflicht. Abgenommene Neumasken bekommen an diesem Abend auch den Maskenbändel als Mitgliedsausweis. 2015 ist er gelb. Die aufgedruckte Nummer ordnet die Maske einem Besitzer zu. Dazu gibt es 25 Umzugsplaketten in einem Plastikbeutel. „Jede Neumaske muss drei Jahre lang Plaketten verkaufen“, erklärt Reitzel. Für jede verkaufte Plakette gibt es Punkte, genauso wie für Arbeitseinsätze während der Fasnet. 175 Punkte insgesamt müssen die Neumasken abarbeiten. „Wer zwei Jahre Barbesetzung macht, ist fertig“, sagt Reitzel.

Rund 20 Häser begutachten Maskenwart Herkommer und sein Team im Laufe von zwei Stunden. Etwa die Hälfte der Neumasken in diesem Jahr. Die andere Hälfte wird zum zweiten Termin erwartet. Nicht alle Masken, die an diesem Tag abgenommen werden, sind die ersten der Besitzer. Viele Mitglieder besitzen ein Zweit- oder Dritthäs. So kommen auf knapp 1600 aktive Mitglieder der Zunft gut 2000 zugelassene Masken. Manuela Saal vervollständigt an diesem Abend ihre Sammlung. Tschore und Rätsch, Eckhexe und Fetzle hängen bereits im Schrank. Jetzt kam noch ein Schnörkele dazu.

Stickereien macht der Profi

Ingrid Reitzel nimmt die Schnörkele ab. Die Masken selbst dürfen sich unterscheiden. Für die Stickereien gibt es genaue Regeln und die Hutspitze, der Schnörkel, muss der Narr stets nach links gerichtet tragen.

Ingrid Reitzel nimmt die Schnörkele ab. Die Masken selbst dürfen sich unterscheiden. Für die Stickereien gibt es genaue Regeln und die Hutspitze, der Schnörkel, muss der Narr stets nach links gerichtet tragen.

„Eigentlich kann man beim Schnörkele nicht viel falsch machen“, erklärt Zunfträtin Ingrid Reitzel, die Stickereien und der Glockengurt würden von Leuten gemacht, die sich auskennen würden. Ein typischer Fehler sei allerdings, dass der Schnörkel an der Hutspitze in die falsche Richtung zeige. Auch Saal muss die Bänder, mit denen der Hut gebunden wird, so befestigen, dass sie den Hut richtig herum tragen kann – mit dem Schnörkel nach links. Ansonsten lässt Reitzel das Häs aus den 1970er-Jahren durchgehen, auch wenn dessen schwarze Grundfarbe bei neuen Häsern nicht mehr zugelassen ist.

Bei Vetters wird es indes ernst. Das Kopftuch der Eckhexenmaske sitzt falsch. Das Tuch besteht aus 64 Quadraten in verschiedenen Farben.Welche Quadrate an die Holzmaske anschließen, ist vorgegeben. „Das stimmt ja vorne und hinten nicht“, murmelt es in der Prüfgruppe. Hin und her wandert die Maske. Am Ende ist klar: So darf sie nicht auf die Straße. „Ich habe das schon gesehen“, erklärt Pamela Vetter, „aber ich mache das ganze Tuch kaputt, wenn ich es abmache“. Die Gruppe überlegt, wer helfen könnte, rasch ist das Smartphone gezückt und der Retter angerufen. Pamela Vetter kann die Maske noch am Abend zu einem Experten bringen, der sie korrigieren wird. „Sie muss noch mal zur Abnahme kommen“, sagt Herkommer und verspricht, notfalls einen Extratermin zu finden, sollte die Reparatur der Maske länger dauern. Ansonsten nämlich, „passt das schon“.

 

Bericht: Schwäbische Zeitung Lokalausgabe Bad Waldsee 13.01.2015
Fotos: Paulina Stumm

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