Aulendorfer Masken sind wieder befreit

Hunderte Zuschauer verfolgen Sturm auf das Rathaus und närrische Regierungserklärung

Vom Maskenmeister beschworen erscheinen erst die Eckhexen, dann werden nacheinander Tschore und Rätsch, Schnörkele und die Fetzle von ihrem Bann befreit.

Zu den Aulendorfer Masken gehört auch das Fetzle.

Hunderte Zuschauer haben sich auch in diesem Jahr wieder unterhalb des Aulendorfer Schlosses versammelt, um der Maskenbeschwörung am Hexeneck beizuwohnen. Anschließend zogen die Mäschgerle traditionell vor das Rathaus, um von Stadtrat und Bürgermeister die Amts- und Schlüsselgewalt zu übernehmen.

Kaum ist der Glockenschlag der Kirche um kurz nach 19 Uhr verhallt, zerreißen Trommelschläge und Fanfaren die fast schon unheimliche Stille der Nacht: Vor einmaliger Kulisse und im Feuerschein brennender Fackeln, zog der Fanfarenzug vom Pfarrhausgäßle aus zum Hexeneck herab, allen voran die großen und kleinen Fahnenträger. Feierlich betrat Burggraf Andreas I. als oberster Repräsentant der Aulendorfer Fasnet die Szenerie, samt Hofstaat, Zunftmeister und den hohen Räten.

Und es dauerte nicht lange, da ließ der Burggraf seinen Untergebenen rufen: „Schafft den Maskenmeister mir zur Stell – Auf, beeilt euch, bringt ihn schnell.“ Mit Blitz, Donner und Getöse erschien der Gerufene, um die in der Nacht zum Aschermittwoch verbannten Masken wieder zu befreien. Gekleidet mit einem langen Umhang, entzündete Maskenmeister Michael Weißenrieder im Nu ein loderndes Feuer. Unter Brausen des Windes sprach er die Beschwörungsformel in die Nacht: „Ich ruf euch – Hexen von der Eck, herbei, herbei zu diesem Fleck.“ Kaum gesagt, erschienen erst die Eckhexen, dann wurden nacheinander Tschore und Rätsch, Schnörkele und die Fetzle von ihrem Bann befreit.

Aus vielen Kehlen erklang anschließend der Narrenmarsch, zu dem die Hästräger wieder traditionell ihren ersten Tanz vollführten, bevor es dann zum Sturm auf das Rathaus ging. Begleitet von Stadtkapelle und Fanfarenzug zog die Menge in die Hauptstraße, vor die fest verschlossenen Tore des Schlosses. Zunftmeister und Burggraf forderten den Rücktritt von Bürgermeister und Gemeinderat, die sich den Narren widersetzten. „Die Stadträt’ lassen sagen, sie geben nicht auf“, verkündete der Büttel vom Rathausbalkon, woraufhin Burggraf Andreas I. dem Maskenmeister den Befehl erteilte, das Rathaus mit den Hexen zu stürmen.

Narren ergreifen das Regiment

Bürgermeister Matthias Burth setzt sich nicht mehr zur Wehr.

Hofnarr Britta Wekenmann verkündet die närrische Regierungserklärung.

Schließlich musste  Bürgermeister Matthias Burth einlenken. Er ergab sich in sein närrisches Schicksal und verkündet vom Balkon aus seinen Rücktritt. „Von der jetzigen Stunde bis zum Aschermittwoch an, gilt in der Stadt Aulendorf die Narrenfreiheit“, rief Zeremonienmeister Jürgen Müller im Auftrag des Burggrafen. Hofnarr Britta Wekenmann verlas die vom Hohen Rat beschlossenen elf Punkte der närrischen Regierungserklärung.

 

 

Die närrische Regierungserklärung

Der Hohe Rat habe herzlich gelacht, als er vernahm, dass sich beim Norbertusfest gleich zwei mal der Kopf des Schlegels vom Stiel löste, als Bürgermeister Matthias Burth das erste Fass anstechen wollte. „Beim dritten Schlag hielt das vom Braumeister Flo gekaufte billige Glump.“ Und mit drei Schlägen sei Aulendorfs vollbärtiger Schultes immer noch um 14 Schläge besser gewesen als sein schnurrbärtiger Kollege aus Bad Waldsee. Man verlange von einem Weinschenk auch nicht, dass er Bier zapfen kann, lautete der gute Ratschlag nach Waldsee.

Und die Poststraße könne so belassen werden, denn Senioren, die mit einer Mindestgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde diesen Geschicklichkeitsparcour unfallfrei überstehen, müssen nicht auf den Zug umsteigen, sondern dürfen ihren Führerschein behalten.

An die Stadt- und Schlossverwaltung erging die Empfehlung, vor Einführung der „Virtuellen Führung“ im Spielzeugmuseum, die Mitarbeiter erst zu unterweisen, wo es ins Museum geht und wo das Licht eingeschaltet wird. „Momentan rät der Hohe Rat den Besuchern, auf die Taschenlampen- App zurückzugreifen, um Licht ins Dunkel zu bringen.

“Statt Windräder auf die Atzenberger Höhe zu stellen schlug der Rat vor, „Windkrafträder in den Ratssälen der umliegenden Städten und Gemeinden zu installieren,da dort am meisten heiße Luft produziert wird“.

Lobenswert sei außerdem die Menschen- und Tierliebe in der Verwaltung. „Durch die mächtige Wohnblockbebauung am Park wird nicht nur teurer Wohnraum angeboten. Durch das 600 qm große Oberflächenwasserrückhaltebecken wird auch exklusiver Lebensraum für Schnaken
und anderes Ungeziefer geschaffen.“

Der Hohe Rat habe sich sehr gefreut über den Neujahrswunsch des Bürgermeisters, im Sommer 2017 mit dem Steege-Freunde-Vorstand Hardy Szech vom neuen „Dreierle“ in den Steege zu jucken. „Damit wäre sichergestellt, dass wenigstens einmal zwei dicke Fische im Steege schwimmen“, verkündete Hofnarr Britta Wekenmann.      

 

 

Bericht: Schwäbische Zeitung Lokalausgabe Bad Waldsee 23.02.2017
Text: Anja Ehrhartsmann
Fotos: Anja Ehrhartsmann/Pauline Stumm

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