Eine außergewöhnliche Fasnet ist beendet

Wahl des Nachfolgers von Zunftmeister Rolf Reitzel ist im März geplant

Beim Kehraus in der Stadthalle werden die Aulendorfer Masken verbannt – auch diesen Brauchtumsteil zeigte die Narrenzunft heuer als Video.

Eine außergewöhnliche Fasnet ist auch in Aulendorf zu Ende gegangen. Nachdem die Narrenzunft Aulendorf bereits weit im Vorfeld das Landschaftstreffen absagen musste, wurde irgendwann klar: Auch die Hochfasnet wird unter Corona- Bedingungen nicht mal annähernd wie gewohnt stattfinden können. Doch die Narren haben sich trotzdem ins Zeug gelegt.

„Liebes närrisches Volk, was war das für eine Fasnet? So was braucht man glaub’ nicht mehr“, lässt Burggraf Andreas der I., eine Figur der Aulendorfer Fasnet, in diesem Jahr zum Abschluss in einem Video wissen. Es ist eines von vielen, die die Narrenzunft heuer drehte und auf der Vereinshomepage und Social- Media-Kanälen veröffentlichte, um Fasnetsfreunden auch in Corona- Zeiten etwas zu bieten. Und so gab es neben der interaktiven Stubenfasnet auch ein virtuelles Häsrichten, ein Video von der Maskenbeschwörung, alte Aufnahmen vom Landschaftstreffen 1968, aber auch den Mitschnitt der Narrenmesse, die einzige Liveveranstaltung, die es unter strengen Hygieneauflagen gab, zu sehen. Zahlreich angenommen wurden auch die Ausmalbilder für zu Hause. Die Ulkgruppen reichten Videobeiträge ein, und auch frühere Auftritte der Sprunghexen und der Fasnetslader waren zu sehen.

Anders vorgestellt hatte sich seinen Abschied als Zunftmeister auch Rolf Reitzel, der den Posten nun nach neun Jahren freigibt. Noch mal zu verlängern und weiterhin Zunftmeister bleiben zu wollen, kam für ihn allerdings nie infrage. Auch, weil seinem Nachfolger Zeit bleiben soll, im Amt anzukommen, bevor voraussichtlich 2025 das Landschaftstreffen quasi nachgeholt wird. Die neun Zünfte der Landschaft Allgäu-Oberschwaben der Vereinigung Schwäbisch Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) hat sich laut Reitzel bereits darauf geeinigt, dass Aulendorf in diesem Jahr ausrichten darf. Der offizielle Beschluss der VSAN fehlt noch.

Reitzels Nachfolger als neuer Zunftmeister wird voraussichtlich im März gewählt. Dazu soll es, sofern möglich, eine Zunftratssitzung unter Hygieneauflagen in der Stadthalle geben. Ebenfalls zurück zieht sich Paul Mock, stellvertretender Zunftmeister. „Wir haben das sehr ernst genommen und waren immer und überall präsent“, erinnert sich Reitzel an eine „wunderschöne Zeit“. Die neun Jahre als Zunftmeister seien eine Bereicherung in seinem Leben – samt den Herausforderungen, die es natürlich auch gegeben habe. Er bleibe als Zunftrat weiter dabei. Verabschiedet hat sich Reitzel nun per Videobotschaft – und im kleineren Rahmen per Videotelefon- Treffen. „Vor einem Dreivierteljahr habe ich noch gesagt: Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich aufhöre und es ist nicht mal Fasnet“, erinnert er sich. Auch wenn die Situation eben nichts anderes zuließ, und die Zunft sich größte Mühe gegeben habe, hofft Reitzel, dass es die letzte digitale Fasnet war. „Vom Gefühl her war es einfach nix.“

Auch Michael Weißenrieder, der zusammen mit Edgar Kümmerle das Social-Media-Team der Aulendorfer Narrenzunft bildet, sagt: „So eine Fasnet brauche ich kein zweites Mal.“ Das digitale Angebot sei sehr viel zeitintensiver und aufwendiger als die Normalfasnet, „ich habe das unterschätzt“. Gelohnt habe es sich aber allemal, nicht nur, weil das Aulendorfer Fasnetsbrauchtum damit überregionaler bekannt wurde. Die Narrenzunft verzeichnete allein auf ihrer Homepage seit Jahresbeginn rund 45 000 Aufrufe. „Wir konnten so auch älteren Leuten, die nicht mehr rausgehen können, die Fasnet in die Stuben bringen.“ Die Videos der Brauchtumsveranstaltungen werden demnächst wieder aus dem Netz genommen – nicht nur, weil Fasnet nun mal nicht rund ums Jahr ist, sondern auch, „weil man, um es wirklich zu erleben, selbst dabei sein muss“, findet Weißenrieder.

Getrübt hat die diesjährige Fasnetsbilanz ein Polizeieinsatz am Donnerstag zur sonstigen Umzugszeit. Die Polizei war wegen einer Ansammlung von Fasnetsfreunden in die Hauptstraße gerufen worden (SZ berichtete). Weitere Vorkommnisse gab es in Aulendorf nach Polizeiangaben nicht. Mit einem kleinen Video
auf ihrer Facebookseite bedanken sich die Beamten des Polizeipräsidiums Ravensburg, weil sich die Narren allgemein in der Region im Wesentlichen an die Vorgaben gehalten hätten. „Leider gab es ein paar Unbelehrbare, die ihren Zünften keinen Gefallen getan haben. Aber das war tatsächlich die Ausnahme“, heißt es dort.

In Aulendorf hat die Narrenzunft in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch die Fasnet verabschiedet, wie sie sie eingeläutete hatte: Per Video flimmerten die Rückgabe der Amtsund Schlüsselgewalt sowie die Maskenverbannung über die Bildschirme. Beim traditionellen Abschluss der Aulendorfer Hochfasnet belegt der Maskenmeister die Masken mit einem Bann, „den ein Jahr niemand lösen kann“, und schickt sie fort – bis zum nächsten Jahr.

Bericht: Schwäbische Zeitung Lokalausgabe Bad Waldsee 18.02.2021
Text: Paulina Stumm

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